Wir trauern um Karl Kromp, pensionierter ao. Universitätsprofessor an der Universität Wien, der am 25. November im 75. Lebensjahr verstorben ist.
Karl Kromp wurde am 21.2.1944 in Klosterneuburg als Sohn des Chemikers Dr. Kurt Kromp und seiner Gattin Marianne geb. Neinlinger geboren. Nach dem Besuch der Volksschule und des Bundesgymnasiums in Klosterneuburg begann er 1962 das Studium der Physik und Mathematik an der philosophischen Fakultät der Universität Wien, das er 1972 mit dem Grad Dr. phil. abschloss. Nach der Zeit als Assistent an der Universität Wien ging er 1978 ans Max-Planck-Institut für Metallforschung in Stuttgart, an dem er zuerst als Gastwissenschafter und dann als Leiter der Gruppe „Festigkeit von Keramiken“ arbeitete. In diese Zeit, ins Jahr 1985, fiel auch seine Habilitation an der Universität Wien auf dem Gebiet „keramische Werkstoffe bei hohen Temperaturen“. 1991 ging er zurück an die Universität Wien als Leiter der Forschungsgruppe „Keramik“, die er bis zu seiner Pensionierung führte.
In den mehr als zehn Jahren am Max-Planck-Institut in Stuttgart war Karl Kromp nicht nur führend beteiligt an der Entwicklung neuer bahnbrechender Konzepte für die Auswertung der mechanischen Eigenschaften keramischer Werkstoffe wie das J-Integral und das C*-Integral, er knüpfte auch viele Kontakte zur Industrie und zu internationalen Forscherkollegen. Aus seiner Arbeitsgruppe in Stuttgart sind drei Universitätsprofessoren hervorgegangen, was nicht nur das hohe wissenschaftliche Niveau zeigt, sondern auch Karls Fähigkeiten, gute Mitarbeiter anzuziehen und auszubilden. Eine seiner herausragenden Eigenschaften war seine außerordentliche Kommunikationsfähigkeit: Es war für seine Arbeitsgruppe wie auch die Forscherkolleginnen und -kollegen immer ein Vergnügen, mit ihm am Abend einen arbeitsreichen Tag oder eine anstrengende Tagung ausklingen zu lassen, mit ihm zu plaudern und den Schilderungen seiner Reisen, unterlegt mit seinem breiten historischen Wissen zuzuhören. Wir alle haben über die amüsanten Geschichten aus seinem Leben geschmunzelt, die er großartig erzählen konnte. Im Jahr 1990 holte er mich ans Max-Planck-Institut und meine erste Handlung war, am Wochenende vor Dienstantritt mit ihm gemeinsam am Hof des Max-Planck-Instituts den Motor seines VW-Busses einzubauen. Dies war der erste Schritt, in dem er aus mir, einem eher theoretischen Physiker, einen Experimentalphysiker geformt hat. Ich habe experimentell von ihm sehr viel gelernt und meine wissenschaftliche Laufbahn wäre ohne ihn undenkbar gewesen: Karl war ein genialer Experimentator, beginnend beim theoretischen Verständnis eines Experiments bis zur Neuentwicklung von Messmethoden, bei denen er immer eine praktische Anwendung im Auge hatte. Viele der Messapparaturen hat er aufgrund seiner großen experimentellen Erfahrung selbst designt und konstruiert.
Nach seiner Rückkehr nach Wien begann er ein neues Forschungsgebiet, die mechanischen Eigenschaften von Verbundwerkstoffen mit keramischer Matrix für Hochtemperatur-anwendungen in Luft- und Raumfahrt. In den darauffolgenden Jahren wurde in Karls Arbeitsgruppe die sogenannte „resonant beam technique“ experimentell und theoretisch soweit entwickelt, dass damit die anisotropen mechanischen Eigenschaften von Verbundwerkstoffen bis zu 2000 oC gemessen werden konnten. Zu dieser Messmethode wurde 2007 eine europäische Norm veröffentlicht, an der Karl entscheidenden Anteil hatte. Doch nicht nur diese, auch zahlreiche andere Normungsverfahren wurden mit ihm als österreichisches (und einige Jahre auch deutsches) Mitglied der Normungskommission für keramische (Verbund-)Werkstoffe abgeschlossen. Auch für diese Tätigkeit waren seine außerordentliche Kommunikationsfähigkeit und gute internationale Vernetzung entscheidend. Daher gab es bei den von ihm organisierten Tagungen und Seminaren (Festigkeitsseminar in Stuttgart und Wien sowie Seminar im Stubaital) immer eine große internationaler Beteiligung.
Karl trat 2004 den Ruhestand an, da er sich viel mit seinem Sohn Kurti beschäftigen wollte, der – nach der Heirat 1993 mit Brigitte – im Jahr 2001 zur Welt kam. Ein Grund war, dass er das Gefühl hatte, aufgrund seines Auslandsaufenthaltes zu wenig das Aufwachsen seiner Kinder Harald und Gudrun aus erster Ehe erlebt zu haben. Jedoch hatte er auch zu diesen beiden Kindern ein ausgezeichnetes Verhältnis: Mit Sohn und Freunden begannen sie, gemeinsam Qualitätsschnäpse zu brennen, und gewannen auch schon im zweiten Jahr eine Goldmedaille für die „Alte Fasszwetschke“, wobei Karl, als Physiker, natürlich die Prozesskontrolle mittels physikalisch messbarer Parameter wie Temperatur usw. übernahm. Auch wenn er sich auf seine zahlreichen Hobbys außerhalb der Physik konzentrierte, dachte er auch an seine ehemaligen Mitarbeiter aus Stuttgart und Wien. Eine meiner sehr schönen Erinnerungen ist das gemeinsame Segeln mit unser beider Dissertanten im Mittelmeer. Die letzten Jahre waren für ihn und seine Familie durch seine schwere Krankheit nicht leicht.
Wir behalten Prof. Karl Kromp als lieben Kollegen, ausgezeichneten Experimentator, als Vorgesetzten, der mit Charme, Freundlichkeit und Kompetenz führen konnte und seine Mitarbeiter immer unterstützt hat, als lebensfrohen und positiv denkenden Menschen in Erinnerung.
Herwig Peterlik für die Arbeitsgruppe Dynamik Kondensierter Systeme